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Ernst Dieter Fränzel

Als Mitbegründer des Kommunikationszentrums Wuppertal „die Börse" und des vormaligen Aktionszentrums „impuls" hat der geborene Barmer die Kultur-Szene im Tal nachhaltig geprägt. Mit der Veröffentlichung des Buches „Sounds like Whoopataal – Wuppertal in der Welt des Jazz“, zur Wuppertaler Jazzgeschichte hat er, zusammen mit Rainer Widmann und einem Redaktionsteam, einen wesentlichen Beitrag zu einem wenig bekannten Teil der Musik- und Kulturgeschichte des Bergischen Landes herausgebracht.
 

 
Sein Vaterhaus, bereits 1913 von der Barmer Baugesellschaft für Arbeiterwohnungen gebaut, steht in der Iltisstraße am Christbusch in Unterbarmen, auf der Südhöhe direkt am Wald, mit Blick über das Tal seiner Heimatstadt, wo er wohnt und den größten Teil seines Lebens verbracht hat. In Nachbarschaft des Skulpturenparks Waldfrieden, den er gerne seit der Eröffnung auf seinen Spaziergängen besucht. „Die Kunst in der Natur ganz in der Nähe, das ist für mich ein Glück! Ich betrachte den Park als wunderbares Geschenk von Tony Cragg an die Stadt und ihre Bewohner“, sagt E. Dieter Fränzel.
Geboren am 23. Juli 1935 in Wuppertal-Elberfeld, aufgewachsen in Barmen, war die Kindheit und Jugend von Ernst Dieter Fränzel von Kriegserlebnissen wie dem Verlust des Vaters als Sechsjähriger, der Not der Nachkriegszeit, wo die Mutter als Fabrikarbeiterin ihre beiden Söhne ernähren musste, und den damaligen Lebensbedingungen bestimmt. Bei der Barmer Maschinenfabrik Rittershaus & Blecher trat er mit vierzehn Jahren eine Lehre als Maschinenschlosser an, später qualifizierte er sich als Technischer Zeichner und arbeitete in verschiedenen Wuppertaler Betrieben. In der Freizeit beschäftigte er sich mit Musik, besonders der Jazz hatte es ihm angetan und ließ ihn nicht mehr los. Er sucht und findet Gleichgesinnte, gründet 1957 in Barmen am Oberdörnen den ersten Jazzclub, die „Jazzkatakombe“.

Kulturarbeiter / Medienpädagoge
Begleitend zu seiner beruflichen Entwicklung belegt er eine sozialpädagogische Ausbildung und erwirbt an der Akademie Remscheid ein Diplom als Kommunikationsberater, das ihn neben seiner jahrelangen Praxis in der Kulturarbeit für seine Tätigkeit als Kultur- und Medienpädagoge qualifiziert.
Seit den 1960er Jahren hat er Konzerte, Festivals und andere Kulturprojekte organisiert. 1958 gründete er die „Interessengemeinschaft Jazz Wuppertal“, 1964 die „ZEITKUNST-Gesellschaft zur Förderung zeitgemäßer Kunst und Kultur e.V.“, ab 1968 war er Leiter des Aktionszentrums „impuls", 1974 ist er Mitbegründer des Kommunikationszentrums Wuppertal „die börse". Nebenbei war er als Dozent bei Volkshochschulen und als Leiter von Studienreisen tätig. Ab 1976 war er dreizehn Jahre bei der Stadt Unna beschäftigt, u.a. als Fachbereichsleiter für kommunale Kulturarbeit. 1989 wird er nach Wuppertal gerufen, arbeitet im Kulturamt als Projektleiter der „Interkulturellen Begegnungen", anschließend bis 1998 bei der Volkshochschule Wuppertal.
Neuerdings ist er Kurator der Konzertreihe „KlangArt“ im Skulpturenpark von Tony Cragg.

Zum Ehrenmitglied ernannt, ist E.Dieter Fränzel bis heute beratend im Beirat des Kommunikationszentrums „die börse“ engagiert. Außerdem ist er Sprecher des Beirats der „Peter Kowald Gesellschaft / ort e.V.“, die er nach dem Tod des weltbekannten Wuppertaler Jazzmusikers mitgegründet hat, um mit Konzerten und anderen Aktivitäten im ehemaligen Studio von Peter Kowald in der Luisenstraße sein Erbe lebendig zu erhalten.

E.Dieter Fränzel hat zahlreiche Artikel und Beiträge zur Jazzmusik, zu Kommunikationszentren und Soziokultur in verschiedenen Publikationen veröffentlicht.
Er ist zusammen mit Rainer Widmann / Jazz Age Herausgeber des Buches „Sounds like Whoopataal – Wuppertal in der Welt des Jazz“, Klartext Verlag Essen 2006, 2. überarbeitete und ergänzte Auflage 2008.
www.jazzbuch-wuppertal.de
Außerdem ist er mit dem Aufbau eines Archivs zur regionalen Kulturgeschichte des Jazz beschäftigt.
 



WZ, 5. Januar 2007
Sein Herz schlägt für die Jazzmusik
„In mindestens zehn Berufen“ hat sich Ernst Dieter Fränzel ausprobiert – bis er sein Glück als Kulturpädagoge fand. Seine Jazz-Ausstellung ist ein großer Erfolg.
Von Sebastian Pantel
In der Wohnung von Ernst Dieter Fränzel hängt afrikanische Kunst neben Bildern von Gerd Hanebeck. Übertragen auf den Musikgeschmack könnte man sagen: Jazz, dessen Ursprünge ja zum Teil in der afrikanischen Kultur liegen, plus Wuppertal.
   Da ist es nur konsequent, dass der 72-jährige in zahlreichen Berufen und Projekten immer das eine mit dem anderen verband. Gekrönt hat er sein 50-jähriges Engagement jüngst mit gleich zwei Mammutprojekten: dem Jazzbuch „Sounds like Whoopataal“ und der gleichnamigen Ausstellung im Sparkassenforum.
   Angefangen hat einst alles mit Charlie Parker. In den 50er Jahren hörte der gelernte Maschinenschlosser Fränzel die erste Parker-Platte. „Die Musik hat mich umgeworfen, obwohl ich sie nicht verstanden habe“, erinnert er sich. Gearbeitet hat er in den folgenden Jahren „in mindestens zehn Berufen“, wie er sagt.
   Eins wurde ihm dabei schnell klar: „Ich will Kultur organisieren.“ 1957 ist das zunächst ein Jazzclub in Barmen, ganz primitiv in einem Gewölbekeller. Später das „Jazzlabor“ in der Adersstraße, das schnell zum Treffpunkt für die noch junge Free-Jazz-Szene wurde.
   1964 holte er Charles Mingus nach Wuppertal, ein großes Erlebnis, wie Fränzel rückblickend sagt. Aus der Adersstraße zog der Club an den Döppersberg. Im „Impuls“ fanden die bei Schülern so beliebten Beat-Konzerte statt, mit den Einnahmen finanzierte der Club die weniger populären Jazzabende.
   Irgendwann noch vor dem magischen Jahr 1968 hatte der Club sein Programm auf andere Kunstformen, Literatur und Politik ausgeweitet, ein neuer Raum für das Konzept musste her: es wurde eine Fabrik am Viehhof.
   Im „Aktionszentrum Impuls“, aus dem dann 1974 die „Börse“ wurde und das die alternativen Kulturzentren der Holländer zum Vorbild hatte, entstanden Wuppertals erstes Programmkino, der erste politische Buchladen – und natürlich ein Jazzkeller.
   „Das waren harte Jahre“, erinnert sich Fränzel. „Wir haben da jeden Tag rund um die Uhr für ein Taschengeld gearbeitet:“ „Wir“, das waren noch Ingrid Schuh, die zehn Jahre später den Jazzkurs der Volkshochschule ins Leben rufen sollte, und Doris Golka, Fränzels spätere Ehefrau.
   „Ohne die beiden hätten wir den Betrieb nicht aufrecht erhalten können“, sagt Fränzel heute. Denn von der Politik habe es damals für das Zentrum keine Unterstützung gegeben.
   Was macht den Jazz so besonders, dass man an ihm sein Leben ausrichtet? „Es ist die Intensität der Musik“, sagt Fränzel. Jazz ist in seinem Wesen interkulturell. Und er ist eine Einheit von Musik und Leben.“
   Für sein Jazzbuch sind Fränzel also die „Geschichten“ rund um den Wuppertaler Jazz wichtiger als eine objektive „Geschichtsschreibung“: „Vor 25 Jahren, als wir im Freundeskreis die ersten Ideen zu dem Buch entwarfen, hätte ich nie gedacht, dass das dabei herauskommt. Das Buch ist über Erwarten gut geworden.“
   Dass dies kein eitles Eigenlob ist, bestätigen die Rückmeldungen, die Fränzel und sein Redaktionsteam erreichten: „Ich bin wirklich erstaunt, wie viele Menschen das Buch anscheinend von vorn bis hinten durchlesen.“
   Die ergänzende Ausstellung in der Sparkasse stößt ebenso auf große Resonanz. Zur Eröffnung brach die Schalterhalle aus allen Nähten, und auch zu den Führungen kamen überraschend viele Interessierte. Nach Jahrzehnten der Arbeit am Buch und der anstrengenden Konzeption der Ausstellung will er jetzt erst einen Gang zurückschalten. So ganz lassen kann er das Organisieren aber doch nicht. „Nun ja, die Peter Kowald Gesellschaft plant ein Archiv für Wuppertaler Jazzgeschichte …“, sagt Fränzel. Untätigkeit ist eben nicht seine Sache.