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Eine Meinung – Meine Meinung

Welcher Umgang mit Carl Duisberg ist richtig?
Klaus-Günther Conrads berichtet aus dem Inneren des CDG

Carl Duisberg war ein ehrgeiziger Mensch, auf den die berühmte Tellerwäscher-Karriere zutreffen könnte. Früh wollte er Chemiker werden, bekam nicht auf Anhieb die gewünschte Lehrstelle und arbeitete sich doch bis zum Bayer-Chef und Branchen-Primus hoch. Auch wenn er sich um das Leben der Mitarbeiter kümmerte und durch Studentenförderung eine soziale Ader bewies, war er doch „Kaisertreu“ und ging rund um Produktion und Verkauf von Chlorgas buchstäblich über Leichen. Ich möchte mir dennoch kein Urteil erlauben, weil ich Duisberg nicht persönlich gekannt habe. Mein Empfinden ist zwiespältig und Argumente für und gegen Umbenennung von Gymnasium und Straße gibt es genug.

Das Beispiel Carl Duisberg zeigt, wie unvollständig seine „Wuppertaler Biografie“ von 1958 aus heutiger Sicht ist. Aber sogar ein Essay aus diesem Jahr lässt einen wesentlichen Teil der Duisberg-Geschichte aus. Klassisches Fazit: Leser wissen nie, ob und wie vollständig eine Lebensgeschichte ist. Ob Absicht oder Unwissenheit des Biographen dahinter stecken, bleibt ebenso verborgen.
Aufschlussreich war für mich ein Gespräch mit Wolfgang Diepenthal, von 1974 bis 2007 Lehrer und von 1978 bis 2007 Lehrerratsvorsitzender am CDG, außerdem als Urgestein des Schülerkabaretts „Die Unerbittlichen“ bekannt. Interessant, wenn er, der viel für das soziale Zusammenleben aller Gruppen getan und Freizeit investiert hat, erzählt, dass die derzeitige Diskussion nur ein müder Abklatsch dessen ist, „was vor 25 Jahren Schule, Öffentlichkeit und auch die Bayer AG mit ihrer damals gepflegten Verschleierungstaktik bewegte. 1968 (Friedensbewegung) und 1986 (Geburtsstunde der Grünen) waren andere Zeiten. Da herrschte noch gesellschaftspolitische Aufbruchsstimmung bei Lehrer- und Schülerschaft, das, was man vielleicht echtes politisches Interesse nennen könnte. Politik war noch nicht zur öffentlich-rechtlichen Unterhaltungsform mutiert, manche sagen zu „Talk-Trash“ abgesunken. Die Arbeit unserer Schülervertretung war damals äußerst politisch.“
Nach dem Untergang der DDR wurde 1989 bekannt: Otto Köhler, ein von der SED regelmäßig mit Infos gefütterter Historiker, hatte 1985 in der Schrift „Konkret“ den Anstoß zur neuerlichen Namensdiskussion gegeben. Die DDR war im Besitz des Deutschen Zentralarchivs in Potsdam und sorgte regelmäßig für solche „Nadelstiche“ Richtung Westen.
Dem Ruf nach Arbeitskreisen an der Schule, die sich mit dem verhängnisvollen Giftgas und Carl Duisbergs Wirken in diesem Zusammenhang beschäftigen sollen, nimmt Diepenthal den Wind aus den Segeln: „Die Schule wollte und will dies mit der Beibehaltung des Namens bewirken. Damit das Studium der notwendigen Dokumente möglich war, stiftete die Stadt Glasvitrinen. Es war auch die Belohnung für ein ganzes Jahr Beschäftigung mit dieser Frage im Auftrag des Stadtrates. Das wäre nicht möglich gewesen, wenn der Vorschlag der Grünen obsiegt hätte, das CDG in Armin-T.-Wegener-Gymnasium umzubenennen. Kein Aas hätte am CDG danach die Worte Giftgas und Carl Duisberg je wieder an dieser Schule in den Mund genommen. Die Weitsicht der Entscheidung von 1986 hatte sich im Übermaß erfüllt. Wer hätte das vor 25 Jahren gedacht?“
Zutreffender als Wolfgang Diepenthal hätte ich es nicht ausdrücken können. Dafür danke ich ihm.